1. FREMDKREUZUNG - KREUZUNG NICHT VERWANDTER TIERE

In der Tierzucht kennen wir die

           1. Fremdzucht
  2. Inzucht
  3. Linienzucht

wobei 2 und 3 miteinander verknüpft sind.

Wollen wir eine Guppy-Zucht beginnen, brauchen wir natürlich als erstes ein Zuchtpaar. Wir können dazu ganz einfach in das nächste Zoogeschäft gehen und ein Guppy-Männchen kaufen, das uns gefällt. Sicher hat der Händler auch noch ein Weibchen für uns. Diese Tiere paaren wir. Nach durchschnittlich 5 Wochen können wir mit dem ersten Wurf rechnen.

Grundsätzlich eine Bemerkung zu Guppys aus dem Zoohandel. Man muss heute schon lange suchen, bis man in einem Geschäft Guppys findet, die vom Aussehen und vom körperlichen Zustand her für eine Guppy-Hochzucht geeignet sind.

Betrachten wir uns nun diesen ersten Nachwuchs im Laufe der nächsten Monate, so sieht er seinem Vater gar nicht oder nur entfernt ähnlich. In unserem Becken schwimmt ein Mischmasch von Farben und, wenn wir Pech haben, von Formen. Was ist passiert?

Unser Zuchtpaar war nicht miteinander verwandt. Beide stammten offensichtlich aus verschiedenen Stämmen und haben daher verschiedene Faktoren vererbt (in der Regel müssen wir davon aus gehen, dass im Zoohandel erworbene Guppys nicht miteinander verwandt sind). Hinzu kommt, dass die Elterntiere nicht erbfest waren, weshalb die Nachzucht zusätzlich aufspaltet. Wer mit solchen Tieren weiterzüchten will, braucht auf jeden Fall einen langen Atem und eine Menge Geduld.

Die Nachkommen aus einer Kreuzung nicht verwandter Stämme nennen wir in der Guppy-Zucht Hybriden (die wissenschaftliche Definition für einen Hybriden ist etwas anders). Sie sind meist sehr kräftig, groß und oft sehr fruchtbar. Wenn sie auch nicht wie ihr Vater aussehen müssen, können sie in der F1 manchmal doch schöner und kräftiger gefärbt sein als er. Kreuzen wir jedoch solche Hybriden untereinander, erleben wir fast immer einen Rückschlag:
Die Tiere reichen nicht annähernd an ihre Eltern heran. Warum nicht?

Bei den Vorfahren waren bestimmte Merkmale durch die Auswahl Zucht gefestigt. Durch die Kreuzung mit einem Stamm mit völlig anderen Merkmalen geht diese Festigung verloren, und die Merkmale verwischen sich in den folgenden Generationen noch mehr, wenn wir nicht durch Zuchtauslese gegensteuern. Wer mit solchen Hybriden weiterzüchten will, dem steht jahrelange mühevolle Zuchtarbeit bevor. Und selbst dann ist ein Erfolg noch nicht garantiert.

Wen es dennoch reizt, sei es, weil das Ausgangsmännchen besonders gefällt oder weil ihn die schwierige Aufgabe anspornt, der paare das Vatertier mit seinen kräftigsten Töchtern, danach, wenn es noch lebt, mit seinen Enkeltöchtern und so fort, solange das Männchen lebt und fortpflanzungsfähig ist. Anschließend nimmt man den besten Sohn oder Enkelsohn.

Dabei wählen wir natürlich stets das Männchen aus, das unserem Zuchtziel am nächsten kommt. Aber Vorsicht! Bei der Wahl zwischen einem kleinen Männchen, das dem Zuchtziel gleicht, und einem großen, gut geformten, aber noch mit Fehlern behafteten Männchen sollte man sich für das letztere entscheiden. Sonst wird der Nachwuchs schnell von Generation zu Generation kleiner, und wir sind mit unserer Zuchtarbeit schnell am Ende.

Wie wir die Zuchttiere auswählen, ist im Sonderdruck Nr. 1 ,,Auswahl der Zuchttiere" ausführlich beschrieben.

Wer sich aus einer Fremdkreuzung einen Stamm aufbauen will, sollte sich nur mit diesem Stamm beschäftigen und von den jeweiligen ausgewählten Männchen so viele Weibchen belegen lassen, wie ihm Becken zur Aufzucht der Jungen zur Verfügung stehen.

Wer bei einer Fremdkreuzung sehr vorsichtig und peinlich genau seine Zuchtauswahl trifft, kann damit rechnen, schon nach wenigen Generationen Erfolge zu sehen: Die Männchen beginnen, sich einheitlich auszubilden.

Freilich ist beim Züchten mit nicht verwandten Guppys keineswegs sicher, dass sie dem Ausgangsmännchen sehr ähneln. Zum Schluss kann sich ein ganz anderer Farbschlag durchsetzen. Müssen wir also nicht verwandte Stämme kreuzen, so sollten wir nur Guppys aus durchgezüchteten Stämmen verwenden. Hier ist wenigstens bekannt, welche Merkmale sie vererben. Mindestens aber eines der Ausgangstiere sollte aus einem solchen erbfesten Stamm kommen. Leider weis kaum ein Zoohändler, ob die von ihm verkauften Guppys erbfesten Stämmen oder irgendwelchen Kreuzungen entstammen. Und die von ihm angebotenen Weibchen gehören meistens nicht zu den Männchen. Egal, was er ihnen darüber und über Guppy-Zucht erzählt, von dieser haben Zoohändler, von wenigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen, so gut wie keine Ahnung.

 

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